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Erfüllt die Budgetierung nicht mehr die Bedürfnisse des Managements?

Wie schon in Kapitel 2 ausgeführt, stammt die Budgetierung aus einer Zeit der Verkäufermärkte, in der die Ausweitung der Kapazitäten einen hohen Stellenwert einnahm.

„Der Wandel vom Verkäufermarkt des Industriezeitalters zum Käufermarkt des Informations- und Wissenszeitalters definiert ganz neue Anforderungen und damit neue Erfolgsfaktoren für Unternehmen.“[1]

In neueren Publikationen wird immer wieder beklagt, dass die Budgetierung zu sehr auf Zahlen fixiert ist und die eigentlichen Wertetreiber vernachlässigt.[2] Da das Budget ein Instrument zur Unternehmensführung ist, kann es zu einer fatalen Fehlsteuerung kommen. Hierzu ein Beispiel aus der Praxis:[3]
Um die Umsatzerwartungen der Muttergesellschaft erfüllen zu können, beschließt ein Medienunternehmen im dritten Quartal des Jahres, bisher kostenlose Serviceleistungen kostenpflichtig zu machen. Kunden dieser Firma sollten in Zukunft und rückwirkend zum Jahresanfang, für ihre archivierten Videobänder Gebühren bezahlen. Resultat war, dass viele langjährige Kunden mit dieser Geschäftspolitik nicht einverstanden waren und daher ihre Geschäftsverbindung abgebrochen haben. Dieses reale Beispiel verdeutlicht auf unterschiedliche Weise, wie das Verhalten der Tochtergesellschaft negativ durch das Budget beeinflusst wurde:

Das Bedürfnis des Managements, mehr „weiche“ Faktoren in die Unternehmensführung einzubeziehen, zeigt sich auch in den vielen Balanced Scorecard Initiativen der letzten Jahre. Einige Autoren bringen jedoch ein, dass die von Kaplan und Norton entwickelte Balanced Scorecard ihr volles Potenzial nicht entfalten kann, solange sie neben dem Budget besteht.[4] Die Erweiterung der Budgetierung durch zusätzliche Management-Instrumente wird in Kapitel 4 im Rahmen des Better Budgeting ausführlicher diskutiert.
Ein weiterer Kritikpunkt wird von Pfläging vorgebracht. „Die Existenz von Budgets und Plänen [leistet] in Wirklichkeit keinerlei Beitrag zum Management von Kosten“[5]. Die meisten Budgets werden aus den Kostenniveaus der Vorperioden abgeleitet. Diese Fortschreibung von Werten führt in der Tat nicht zu einem sinnvollen Kostenmanagement. In der Praxis werden daher häufig Teilbudgets pauschal Jahr für Jahr um einen gewissen Prozentsatz gekürzt. Je nach Wahrnehmung des Managements wird entschieden, ob in einzelnen Bereichen der Einsparungsboden erreicht ist. Ein solches Verfahren wird seitens der unteren Einheiten als sehr willkürlich empfunden und kann zu Widerständen führen.
Auch der Plan-Ist-Vergleich liefert auf wesentliche Fragen des Managements keine Antworten. Er kann zwar aufzeigen, das bestimmte Kosten oder Umsätze nicht plangemäß verlaufen; auf die Gründe für die Entstehung bestimmter Kosten liefert er allerdings keine Antworten, da Ursache- und Wirkungsbeziehungen nicht abgebildet werden.[6]
Ein weiterer Problempunkt der Budgetierung ist die mangelnde Strategieverknüpfung. Nach einer Studie misslingt es 60% der Firmen, ihre Aktionspläne auf die Strategien auszurichten.[7] Ein Grund hierfür ist, dass in der Praxis häufig unterschiedliche Funktionsbereiche für strategische und operative Planung bzw. Budgetierung verantwortlich sind. Für die erfolgreiche Transferierung von Strategien zum Budget, sind klare Regeln zu definieren. Einen Ansatz liefert hier z.B. die Balanced Scorecard, die operative Ziele systematisch aus den strategischen Zielen ableitet.[8]
Weber und Linder merken an, dass sich eine Lücke zwischen Strategie und Budgetierung nicht zwangsläufig negativ auf den Erfolg ausübt.[9] Dennoch ist eine sichere Verbindung zwischen Strategie und Budgetierung für den langfristigen Unternehmenserfolg außerordentlich wichtig.
Die Frage, ob die Budgetierung die Bedürfnisse des Managements nicht mehr ausreichend erfüllt, ist durch die einseitige Aufzählung der Negativbeispiele noch nicht beantwortet. Immerhin gibt es auch Managementprobleme, die von der Budgetierung gut gelöst werden.
Die Budgetierung erreicht, dass sich das Management in regelmäßigen Abständen mit Prognosen und Analysen des Unternehmens und der Märkte beschäftigen muss und so die Geschäfte systematisch durchleuchtet. Interdependenzen und deren Einflussgrößen werden durchdacht und Potenziale, sowie Schwachstellen werden gesucht.[10]
Kritiker würden zwar kontern, dass in der Praxis das Budget überwiegend durch Fortschreibung alter Werte entsteht. Eine falsche Anwendung von Budgets stellt jedoch die Budgetierung nicht grundsätzlich in Frage. Vielmehr sollten Lösungen für die Praxis gesucht werden, die bei der analytischen Neuplanung helfen. Im Übrigen ist eine Fortschreibung alter Werte nicht unbedingt negativ zu sehen. Ein einmal analytisch geplanter Teilplan kann u.U. in einem stabilen Umfeld mehrere Planungsperioden mit Berücksichtigung von Veränderungen fortgeschrieben werden und dabei nicht wesentlich an Relevanz verlieren. Der Vorteil von Fortschreibungen liegt hauptsächlich darin, dass sie relativ kostengünstig sind.
Ein weiterer Vorteil der Budgetierung ist die Möglichkeit, die Unternehmensziele zu konkretisieren und auf Teilziele aufzuspalten. Die Teilbereiche können dadurch koordiniert und an dem Gesamtplan ausgerichtet werden. Dies ermöglicht ein besseres Zusammenwirken der einzelnen Bereiche; mögliche Synergien werden aufgespürt und können genutzt werden.[11]

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